Von stacheligen Sachen /of spiky things

Geschrieben in Alltag am 08.05.2019 von Eva-Maria

Die Textilproduktion im Mittelalter war eine spezialisierte Angelegenheit in dem Sinne, dass sich zahlreiche längst vergessene Berufe mit der Herstellung sowie Be- und Verarbeitung von Tuchwaren beschäftigten. Da gab es die Wollkämmer, Garnmacher, Färber und klarerweise Weber, aber auch so spannende Berufsfelder wie Tuchscherer oder Tuchrauher (vgl. Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen). Letzterer wird oft mit einem äußerst typischen Werkzeug dargestellt - einem mit stacheligen Kugeln besetzten Kreuz, das zum Veredeln der Stoffoberfläche diente. Für unseren Schautisch zur Textilproduktion möchten wir genau so ein Gerät nachbauen und haben uns auf die Suche nach passendem Material gemacht - mit erstaunlichem Ergebnis!

Textile production in medieval times was broken down into specialised trades: wool combers, spinners, dyers and weavers all worked in the industry of cloth production. But when you look closer you encounter crafters depicted holding a carding bat with teasel heads (see Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen). These were used to "raise the nap" on the woven cloth and give it a fluffy appearance (before eventually be shorn down). As we are currently working on extending our display on textile production in the middle ages, this tool was exactly what we wanted to make. An here's where we made some really interesting discoveries.

Die Disteln im direkten Vergleich: links die "wilde Karde", rechts die "Weberkarde". Im Hintergrund ist die Kardenbürste mit den verbauten Disteln zu sehen.
direct comparison: wild teasel (left) versus fuller's teasel (right). In the background you can see two carding bats with teasel heads.

Distel ist nicht gleich Distel

Bei der Recherche fanden wir heraus, dass für das Werkzeug getrocknete Distelköpfe - sogenannte Weberkarden - verwendet wurden. Groß war unsere Freude, denn Kardendisteln sind bei uns in der Gegend häufig in Bauerngärten zu finden und so hatten wir auch bald eine Bezugsquelle gefunden. Bei intensiverer Betrachtung fiel allerdings auf, dass die Distelköpfe mit den langen Stacheln so gar nicht den kurzstacheligen, robusten Exemplaren ähnelten, die in den Kardenbürsten der diversen Heimatmuseen verbaut sind. Da entdeckten wir, dass unser Fehler im Sprachgebrauch liegt! Als Kardendisteln wird bei uns die "wilde Karde" bezeichnet (die in der Volksmedizin Anwendung findet), wohingegen die korrekte Distel als "Weberkarde" (auch Rauhkarde, Tuchkarde ) bekannt ist - Vielen Dank an Silvia Bestgen / Handwerberei ZeitenSprung für den Hinweis! Wie immer liegt der Teufel also im Detail. Doch nachdem wir nun die korrekte Pflanze besorgt haben, steht dem Bau der Kardenbürste nichts mehr im Weg. Wir halten euch auf dem Laufenden!

Thistle vs. Teasel

To get the desired results it matters what kind of teasels you use! There's the wild teasel with its long thin spikes and the aptly named fuller's teasel which is more robust and thus the right one to use for this instrument. It doesn't really help that both are often confused in common usage and so we fell for it and got the wrong ones first (Thanks to Silvia Bestgen / Handwerberei ZeitenSprung for the explanation and the correct teasels!) Now that we've obtained some nice pieces of fuller's teasel, we can move on to building the carding bat. We'll keep you updated!

In Nahaufnahme wird klar, was die Weberkarde (rechts) im vergleich zu ihrer wilden Verwandten auszeichnet: sie hat keine Stacheln, sondern feine, robuste Häckchen.
Close-up you see why the fuller's teasel (right) is different: her spikes are more like tiny, robust hooks.

Bis dahin überlassen wir euch interessanter Lektüre mit diesen spannenden Links:

In the meantime, here's some interesting reading for you:

 

Und falls ihr noch nicht genug habt, schaut euch unsere Blogserie zur Textilproduktion im mittelalterlichen Tirol an.