Tirol im ausgehenden 14. Jahrhundert (1363 - 1395)

Tiroler Landeswappen, ca. 1271/86
Burgkapelle von Schloss Tirol

Tirol gilt als das Herz der Alpen, die sich in diesem Abschnitt wie ein sperrender Riegel zwischen Deutschland und Italien schieben. Hier liegen auch die verkehrstechnisch günstigsten Alpenpässe zwischen den Längstalfurchen im Norden (Inntal) und Süden (Vinschgau, Pustertal, Drautal) - der Reschenpass und der Brennerpass. Diese Übergänge haben seit jeher einen regen Nord-Süd-Verkehr über Reutte und den Fernpass bzw. über Kufstein und das Inntal ermöglicht. Der West-Ost-Verkehr von der Schweiz und Vorarlberg nach Salzburg und Ostösterreich ist wiederum durch den Arlbergpass begünstigt. Diese sowohl trennenden als auch verbindenden geografischen Voraussetzungen haben die historische Entwicklung des Landes entscheidend mitgeprägt.1

Für den Alttiroler Raum, der ein wichtiges geografisches Bindeglied zwischen dem italienischen Raum und dem Heiligen Römischen Reich, aber auch von der Schweizer Eidgenossenschaft im Westen zu den habsburgischen Gebieten im Osten darstellte, war das Spätmittelalter ein bewegter und einschneidender Zeitabschnitt. Am Ende der Regierungszeit Graf Meinhards II. von Tirol Görz (1259 - 1295) hatte sich im „Land an der Etsch und im Inntal“, hauptsächlich auf Kosten der geistlichen Fürstentümer Brixen und Trient, die „Grafschaft und Herrschaft Tirol“ (comitatus et dominium Tyrolense) herausgebildet, in der Meinhard eine effiziente Verwaltung installiert hatte.2


1363-1365 Herrschaft Rudolfs IV. von Habsburg - Tirol bei Österreich

Übergabe-Urkunde von Gräfin Margarete und ihren 14 Landherren
an die Habsburger, 26. Jänner 1363
(c) http://www.tirolmultimedial.at

Um 1363 war Tirol ein verhältnismäßig geschlossenes Territorium, dessen Ausdehnung in etwa schon dem heutigen Nord- & Südtirol entsprach. Lediglich die Unterinntaler Gerichte Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg gehörten damals zu Bayern, das Zillertal und das Brixental gehörten dem Bischof von Salzburg. Dafür waren das Montafon und das Unterengadin tirolisch.

Am 26. Jänner 1363 übergab die Landesfürstin Gräfin Margarete von Görz-Tirol, genannt „Maultasch“ die „Grafschaft Tirol und Görz, das Land an der Etsch und im Inntal mit der Burg zu Tirol und allem, was zum Land gehört als ewig, unwiderrufliche Gabe unter den Lebenden“ an Rudolf IV. „den Stifter“ von Habsburg.

Tirol war innerhalb der politischen Interessen das Hauses Habsburg eine der wichtigsten Erwerbungen im Versuch, die Stammgebiete in der Schweiz mit den österreichischen Ländern zu vereinen. Stolz schrieb Herzog Rudolf  IV. dem Dogen von Venedig: "Alle Wege von Deutschland nach Italien sind nun in unserer Gewalt". Das ist wohl die kürzeste wie prägnanteste Interpretation der Bedeutung des Landes in der "internationalen Politik“ jener Zeit, das sich fortan im Spannungsfeld der politischen Ereignisse in Mailand und Venedig, in der Schweiz und der Grafschaft Görz, aber auch Bayerns und Schwabens sah.2

 

 


1365-1379 Herrschaft der Brüder Leopold III. und Albrecht III.

Nachdem Rudolf IV., der Herzog von Österreich, überraschend am 27. Juli 1365 in Mailand starb, fällt die begehrte Grafschaft Tirol an seine jüngeren Brüder Albrecht III. (damals 15 oder 16 Jahre) und Leopold III. (14 Jahre). Neuerliche Versuche der Wittelsbacher, den Geschwistern Tirol doch noch abzujagen, wurden an dem von Johann von Platzheim, dem einstigen Kanzler Rudolfs und nunmehrigen Bischof von Brixen, geführten Widerstand der Tiroler Stände, an dem nicht nur der Adel, sondern auch die Bürger aus den Städten zu Roß und zu Fuß und anderes großes Fußvolk aus den Tälern und Gerichten des Landes teilhatten, vereitelt. So mussten die Wittelsbacher im Frieden von Schärding (1369) gegen eine hohe Abfindung endgültig auf Tirol verzichten.3

Die gemeinsame Herrschaft der Habsburger Brüder war jedoch nur von kurzer Dauer. Schon bald zerstritten sie sich in Regierungsfragen - Leopold wurde von zeitgenössischen Chronisten als ehrgeizig und tatendurstig beschrieben, Albrecht hingegen als besonnen - und teilten schließlich ihre Besitztümer am 25. September 1379 im Vertrag von Neuberg untereinander auf. Fortan ist Leopold III. „der Gerechte“ der Graf von Tirol.


1379-1386 Alleinherrschaft Leopolds III. von Habsburg

Leopold III. von Habsburg
(c) commons.wikimedia.org

Leopold III. war bereits mit 14 Jahren auf Betreiben seines Bruders Rudolf mit der ungefähr gleichaltrigen italienischen Fürstentochter Viridis Visconti vermählt worden. Die Habsburger fanden durch die Einheirat in dieses mächtige norditalienische Fürstengeschlecht einen Bündnispartner für die Sicherung ihrer Herrschaft in Tirol. Leopold III. weiß schon bald seinen Einflussbereich und seine Ländereien auszuweiten. Zwischen 1368 und 1386 erwirbt er durch politisches Geschick, finanzielle Kaufkraft und Erbfolge Freiburg im Breisgau, Besitztümer in Istrien und der Windischen Mark, Feldkirch (1375), Triest (1382) und Laufenburg in der Schweiz. Weiters hält er die Reichsvogtei über Basel und kann die Stadt ab 1376 für eine Dekade unter habsburgische Dominanz bringen.

Auch durch gezielte Privilegienvergabe an die Städte (zB Bozen, Meran) versuchte Leopold III. „der Gerechte“ in den 1380er Jahren, die Position des Adels zu schwächen, gleichzeitig den Handel zu fördern und trug somit zum Aufstieg des Bürgertums in den Tiroler Städten bei. Beim Versuch einer Ausweitung der habsburgischen Herrschaftsrechte im Stammgebiet der Dynastie geriet er in einen folgenschweren Konflikt mit der Schweizer Eidgenossenschaft. Es folgte eine spektakuläre Niederlage in der Schlacht von Sempach am 9. Juli 1386: Die Schweizer Bauernarmee besiegte das professionelle Ritterheer - Herzog Leopold III. fiel in der Schlacht. In Tirol übernimmt wieder sein Bruder, Albrecht III. die Herrschaft für die noch minderjährigen Neffen.4


1386-1395 Herrschaft Albrechts III. von Habsburg

Zunächst regierte Albrecht III. stellvertretend für seine Neffen auch Tirol und die Vorlande mit, erst 1395 wurden durch die Teilung zwischen Wilhelm und Leopold IV. (jetzt 26 und 25 Jahre alt), definitive Verhältnisse in den einzelnen Habsburger Gebieten geschaffen. Das „Land an der Etsch und im Inntal“ wird fortan von Leopold IV., alias Leopold II. von Tirol, regiert.


Siegel Herzog Leopolds IV.:
drei Halbrundschilde (Österreich, Steiermark und Tirol)
(c) commons.wikimedia.org

1395-1406 Herrschaft Leopolds IV. von Habsburg (des II. von Tirol)

Zwar war Leopold IV. mit Katharina von Burgund (einer Tochter Philipps des Kühnen) verheiratet, allerdings blieb die Ehe kinderlos. Daher übertrug er 1403 die Nachfolge als „Graf von Tirol“ an seinen jüngsten Bruder Herzog Friedrich IV. "mit der leeren Tasche“, der als Gründer des Tiroler Schützenwesens gilt.4

 

Quellen: