so wil sein weib ein sloyr haben

Geschrieben in Kleidung am 07.04.2016 von Eva-Maria

Der Schleier war ein wesentlicher Bestandteil der Frauenkleidung des Mittelalters und ein Zeichen für eine verheiratete, ehrbare Frau. Ohne Kopfbedeckung wäre keine respektable Frau aus dem Haus gegangen. Ursprünglich aus religiösen Gründen getragen, wandelte sich der Schleier schnell zum modischen Accessoire, das im Laufe der Zeit einigen Wandel durchlief. So drückte die Kopftracht auch den sozialen Stand der Trägerin aus. Eine arbeitende Magd trug schon aus praktischen Gründen eine andere Art von Schleier als eine wohlsituierte Bürgerin oder adelige Dame, deren Kopfbedeckung zugleich auch Statussymbol war.
Wie wichtig der Schleier für das Selbstbild der mittelalterlichen Frau war, zeigt sich auch an den zahlreichen Regulierungen in den Kleiderordnungen des ausgehenden Mittelalters, die erlaubte Schleierfarben, die Art der Kopfbedeckung für Prostituierte oder die Anzahl der Lagen im topmodischen Kruseler festlegten.


Welche Art der Kopfbedeckung die Tiroler Frauen der unterschiedlichen Stände trugen, soll hier auszugsweise anhand einiger ausgewählter Bildquellen erläutert werden:

 

Altarbild von Schloss Tirol, ca. 1370 ‐ 1372
(c) IMAREAL


Wimpel

Der Wimpel ist ein schalartiges Tuch, das um Hals, Kopf und Nacken gewickelt wurde, sodass vorne nur das Gesicht frei blieb. Er kommt ohne Nadeln aus und hält bei richtiger Wickeltechnik den ganzen Tag. Da er die Haare komplett verdeckte, galt der Wimpel als sehr züchtige und sittsame Kopfbedeckung, die sich bis ins 15. Jahrhundert hielt. Eigene Versuche, die zeitgenössischen Bilder zu interpretieren, haben gezeigt, dass der Wimpel vermutlich ein ca. 170 - 180 cm langes und ca. 40 cm breites, schalartiger Stoffstreifen war. Dieser konnte dabei entweder rechteckig sein oder aber sich zu einem Ende hin dreieckig verjüngen.

 


Hl. Georg, Schenna, ca. 1380‐1400
(c) IMAREAL


Schleier

Schleier konnten rechteckig oder halbkreisförmig geschnitten sein und wurden „locker auf den Kopf gelegt“ und dort mit Nadeln festgesteckt, um sie am Platz zu halten. Je nach Stand und Anlass verdeckte der Schleier die Haare oder entblößte sie teilweise (in Verbindung mit einem Schapel). Er konnte zudem mit dem Kinnband des Gebendes oder mit einer Rise kombiniert werden. Diese konservative Trageweise schien besonders beim Kirchgang eingesetzt worden zu sein.

 

 

 


Votivtafel Hans Austrunk, ca. 1395-1405
(c) IMAREAL


Kruseler

Der Kruseler oder Krüseler ist ein Schleier mit mehreren Reihen dichter Krausen/Rüschen um das Gesicht, der zwischen 1350 und 1425 von adeligen und bürgerlichen Damen getragen wurde. Die Anzahl der Tuchlagen konnte variieren, war jedoch in Kleiderordnungen genau festgelegt. So waren beispielsweise in Speyer vier Tuchlagen erlaubt, in Ravensburg hingegen bis zu zwanzig. In Tirol war der sogenannte „Kragenkruseler“ weit verbreitet, der nicht nur das Gesicht einrahmt, sondern auch auf den Schultern aufliegende Rüschenreihen aufweist.

 


TacuinumSanitatis, ONB Hs2644, ca. 1390
(c) IMAREAL


Haube

Die Haube ist eine an die Kopfform angepasste Kopfbedeckung, die bevorzugt als einfache Arbeitskopfbedeckung getragen wurde.

Als Vorbild für die Rekonstruktion kann die Haube der Hl. Birgitta dienen, die in Schweden gefunden wurde.

 

 


Schloss Runkelstein, ca. 1390 ‐ 1395
(c) IMAREAL


Unbedecktes Haar

In Adelskreisen, gehobenem Bürgertum und für unverheiratete Mädchen waren auch diverse Flechtfrisuren üblich. Dabei wurden die Haare zumeist kranzartig um den Kopf gelegt. Auch offenes Haar – immer in Kombination mit einem Blumenkranz oder Schapel – ist möglich, wird jedoch meist als Zeichen der Jungfräulichkeit gewertet.

 


Schloss Runkelstein, ca.1390 ‐ 1395
(c) IMAREAL


Hüte

Vereinzelt tauchen in unterschiedlichen Quellen – mal abgesehen von Strohhüten – auch bunte Hüte als Frauenkopfbedeckung auf. Diese ähneln den Modellen späterer Zeitalter und scheinen aus Stoff gefertigt zu sein. Die spärlichen Bildbelege lassen diese Mode als regionalen Ausnahmetrend erscheinen.

 

 

 


Hier gibt es wieder meine Zusammenstellung nationaler und internationaler Bildquellen zum Thema "Schleierformen Ende des 14. Jahrhunderts" zum Download.

 

Quellen: