sô siht man die frouwen tragen ouch die gugel für gebant / medieval hoods and female wearers

Geschrieben in Kleidung am 07.10.2016 von Eva-Maria

Obwohl die Gugel zwischen 1335 und 1380 das modische Accessoire schlechthin in der Männermode darstellte, taucht sie im gleichen Zeitraum kaum in Abbildungen mit weiblichen Trägerinnen auf. Der österreichische Spruchdichter Heinrich der Teichner schrieb in einem seiner spöttischen Gedichte "sô siht man die frouwen tragen ouch die gugel für gebant" und beklagt, dass sich damit die Unterscheidung der Geschlechter verwischt. Also scheint die Gugel als Bestandteil der Frauenkleidung zumindest zeitweise Gebrauch gewesen zu sein, allerdings nicht als etabliertes weibliches Kleidungsstück. 

Quelle: Die Gedichte Heinrichs des Teichners. Hrsg. von Heinrich NIEWOEHNER, 3 Bde. (DTM 44, 46 u. 48), Berlin 1953, 1954 u. 1956

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Gemäß Jan Keupps "Mode im Mittelalter" war die Gugel ein derartig maskulin besetztes Kleidungsstück, dass es ehrbaren Frauen zum Teil verboten wurde, sie zu tragen und die Gugel stattdessen als Kennzeichnung für Prostituierte etc. eingesetzt wurde: "So verfügten Schöffen der Stadt Zittau im Jahr 1353 für alle Bürgerinnen das Verbot, sogenannte Gugeln zu tragen. Diese in der aktuellen Männermode beliebten Kapuzen wollten sie alleine der anrüchig geltenden Gruppe der Henkersmägde - gemeint sind vermutlich die städtischen Prostituierten - vorbehalten wissen, damit man sie von den übrigen Frauen unterscheiden möge. Ähnliches lesen wir in einer Züricher Kleiderordnung aus dem Jahr 1488. Nachdem dort eine lange Liste mit verbotenen Kleidungsstücken präsentiert wurde, heißt es zum Abschluss lapidar: Jedoch sind diese Stücke den offen fahrenden Frauen vorbehalten und gestattet, die sich in den beiden Häusern im Kranz und auf dem Graben feilbieten."

Auch die Bildquellen stützen die Theorie der Gugel als Männerkleidungsstück. Die spärlichen, vorwiegend französischen Bildquellen, die Frauen mit einer Gugel als Kleidungsstück darstellen, lassen sich in vier Kategorien einteilen:

 

Trageweisen von Gugeln für Frauen / when and how women wore hoods

TacuinumSanitatis
Österr.Nationalbibliothek Hs2644
ca. 1390

extravagante Damen-Kopfbedeckung
(v.a. in Adelsdarstellungen aus Frankreich zu finden)

extravagant head covering (associated with french nobility)
Book of Modus and Ratio
BNF Français 12399
ca. 1379

Reisekleidung & Wetterschutz
(in geknöpfter Variante - siehe London-Funde)

travel wear and weather protection (buttoned hoods - see London finds)
RomanDeLaRose
BNF Français 1567
Mitte 14. Jahrhundert

Flämische Haube
(in Frankreich ab Mitte 14.Jhdt. häufig zu sehen)

early open hood (french version, middle of 14th century onwards)
De mulieribus claris
BNF Français 598
Anfang 15. Jahrhundert

Frauengugel
(kommt Ende 14. Jhdt. auf und wird im 
15. Jahrhundert populär)

open hood (introduced in the late 14th century, very popular im the 15th century)

 

Anmerkung: Als modisches Kleidungsstück alleine wird die Gugel für Frauen nicht dargestellt. Hier übernimmt der Kruseler die Rolle als It-Accessoire.

Note: Even though the hood was the must-have accessory between 1335 and the 1380s in male fashion, it is rarely depicted with female wearers. The sparse, mainly french, pictural evidence of women wearing hoods can be divided into four categories. Except for noble ladies, the hood isn't regarded as fashionable accessory. The "frilled veil" assumes this role in the 14th century in the higher and middle classes.

 

Schnittschema / hood pattern

Einige erhaltene Gugeln aus Fundstätten in Grönland (Herjolfsnes) und England (London) geben einen Eindruck von der Konstruktionsweise dieser Kopfbedeckung. Der Londoner Fund no. 246 weist sogar Knopflöcher auf, wie sie auf einigen Abbildungen von Frauenoutfits in Manuskripten zu sehen sind.

The extant hoods from sites in Greenland (Herjolfsnes) and England (London) feature a variety of construction methods. The London finding no. 246 even sports button holes, such as can be seen on some female hoods in manuscript miniatures.

Gugel aus London
Hood from London
(c) Some Clothing of the Middle Ages

Crowfoot Elisabeth; Frances Pritchard and Kay Staniland. Textiles and Clothing, c.1150-c.1450. (Medieval Finds from Excavations in London: 4) London: HMSO, 1992 beschreiben den Fund folgendermaßen:

 “It was in a late 14th Century deposit, and was of a tabby woven cloth. Two triangular pieces, apparently cut from the "chin" of the hood, are inserted as gussetts in the sides of the hood. The button holes were initially supported by an inner facing, or perhaps a lining. This sort of close fitting buttoned hood is seen in manuscripts, and is worn by women. They were often worn open atop other cloths, and therefore, this style is ancestral to apparel such as the later "French hoods".

 

Farben / colours

Farblich kann eine Unterscheidung der Gugeln nach Häufigkeit getroffen werden.

  • Rot (ihm wurde eine Schutzwirkung für Frauen nachgesagt)
  • Hellrot / Lachs / Pfirsich
  • Grün
  • Blau
  • Schwarz (Mit Aufkommen der Frauengugel im 15. Jhdt. populär)

 

The hoods worn by women often feature the following colours:

  • red (it was believed to be a protective colour for women)
  • light red / salmon / peach
  • green
  • blue
  • black (popular with open hoods in the 15th century)

 

Die Belegmappe mit meiner Zusammenstellung von Bildquellen und Funden gibt's hier zum Download. Eine ausführlicher Blogpost zur Entwicklung der Frauengugeln kann auch auf The Compleately Dressed Anachronist nachgelesen werden.

You can download my portfolio on women's hoods here (in German) or read more about the evolution of open hoods on The Compleately Dressed Anachronist.