sie wart in blôzem hemde
Geschrieben in Nähen am 03.03.2016 von Eva-Maria
Da ich zwar das Mittelalter nacherleben, aber nicht unbedingt authentisch riechen möchte (manch moderne Gepflogenheiten der Hygiene sind eben doch nicht so leicht abzulegen) benötige ich ein zweites Leibhemd für die kommende Saison. Dabei hielt ich mich an den einfachen Schnitt der Tunika Typ 5, der gemäß Marc Carlsons Some Clothing of the Middle Ages folgendermaßen beschrieben wird.
"Garments consisting of two straight-cut main pieces -- front and back -- joined together with a shoulder seam. Side gores inserted between the main pieces, combining with them to form sleeve openings. No gores actually inserted in the main pieces. Pocket slits occur. Long sleeve, tapering downwards, cut with an upper and lower part. Gores under the sleeves."
Ich hatte 3,30 m Leinenstoff mit einer Webbreite von 70 cm zur Verfügung. Aber selbst nach längerem Grübeln und Studieren fand ich keine Möglichkeit, das gesamte Hemd aus diesem Stoff zuzuschneiden (Eine Variante wäre gewesen, die Vorder- und Rückenteile jeweils horizontal zu stückeln, aber das fiel mir allerdings erst zu spät ein). Also habe ich - ganz der mittelalterlichen Tradition verhaftet - zwei Leinenstoffe kombiniert. Beide haben ungefähr die gleiche Fadenanzahl und Stoffqualität, unterscheiden sich aber in der Farbe. Daher hat das Hemd jetzt bräunliche Geren. Da ich es aber als "lînîn hemde" für meine bäuerliche Darstellung verwenden möchte, ist das durchaus plausibel. Gerade bei ländlichen Dienstboten wurde der jährliche Lohn zum Teil auch in Naturalien (zB Stoffen) ausbezahlt. Es könnte also ein Hemd sein, für den Stoff aus zwei Jahren verwendet wurde. Wenn man bedenkt, wie viel Aufwand die Produktion von Leinenstoff bedeutete und was er dementsprechend wert war, ist das gar nicht mal so unwahrscheinlich. Leider habe ich bisher keinen Beleg für diese Theorie gefunden. Die wenigen erhaltenen Stücke, die eindeutig der Unterwäsche zuzuordnen sind, sind alle aus demselben Stoff gefertigt und Schriftquellen dazu sind mir nicht bekannt. (Was aber nicht heißt, dass es dazu nicht was geben könnte - wer also was darüber weiß: Ich würde mich über eine E-Mail sehr freuen.) Aus diesem Grund muss das Hemd in dieser Form eine Annahme bleiben.
Und wie schon bei meinem Herjolfsnes-Kleid habe ich auch dieses Mal den Zeitaufwand für die Näharbeiten mitgestoppt.
Arbeit
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Minuten
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Abmessen des Körpers, Schnittmuster aufzeichnen & Stoffzuschnitt
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120
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Nähen (inkl. Ausschnitt- & Ärmelversäuberung sowie Saum)
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615
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Versäubern der Nähte
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280
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SUMME Arbeitsaufwand in Minuten
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1120
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SUMME Arbeitsaufwand in Stunden
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19
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Was sind die größten Zeitfresser?
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Saum versäubern
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60
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Ausschnitt & Ärmel versäubern
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105
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Wo hätte ich Zeit einsparen können?
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Wenn man den richtigen Zuschnitt der Teile schon vorher kennt, könnte man sicher eine Stunde einsparen.
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- 60
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Bei der Nähtechnik selbst sehe ich keine Einsparmöglichkeit, da ich bereits die meisten Nähte gemeinsam versäubert und auf
aufwendige Nähtechniken verzichtet habe. |
- 0
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MÖGLICHE Ersparnis (geschätzt)
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- 60
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Minimum Nähzeit (optimiert)
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1060
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minimale Nähzeit in Stunden
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18
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