Zuwachs in der Beutelsammlung / addition to my alms purse collection

Geschrieben in Sticken am 21.07.2020 von Eva-Maria

Meine Sammlung von Almosenbeuteln hat Zuwachs bekommen. "Der Neue" begeistert mit einem mädchenhaften Farbschema und jeder Menge funkelnder Details. Und es hat auch nur knapp drei Jahre gedauert, dieses Lieblingsstück fertig zu stellen. Gut Ding will eben Weile haben, wie man so schön sagt. laugh Nun aber genug geredet, lasst mich euch die Bilder zeigen!

There's a new addition to my collection of alms purses. The new "girly one" features bright pink hues and lots of sparkly details. And it only took me three years to finish this new favourite piece. Good things take time, as one says. laugh Enough talk - let's move on to the pictures. 

Mittelalterlicher Almosenbeutel mit einem Muster aus der Schatzkammer der Sint-Servaaskerk (IV-Nr. 18-4) in Maastricht und Vogelmotiv eines gestickten Antependiums aus dem Domschatz von Halberstadt (IV-Nr. 94). Die Ränder sind mit einem Flechtstich aus Echtgoldfaden versäubert und die Tasseln zieren Türkenknoten aus echtem Goldlahn. Soviel Bling muss sein.
 A medieval alms pouch with a pattern found in the treasury of the Sint-Servaaskerk (IV-Nr. 18-4) in Maastricht und a central bird motiv that's been taken from an embroidered antependium now in the treasury of Halberstadt (IV-Nr. 94).
All the edges are adorned with a braiding stitch of silk and gold threads and the tassel heads finished off with Turk's head knots of real gold gimp.
 
Das Vogelmotiv wurde mit gezählten Musterstichen gefüllt, die man üblicherweise in der mittelalterlichen Weißstickerei ("Opus Teutonicum") findet.
Hinweis: Ich kenne kein erhaltendes Beutelexemplar aus dem 14. Jahrhundert, das ein Mittelmotiv aufweist. Der Beutel ist also keine Replik, kommt aber in Ausführung und Formensprache den mittelalterlichen Originalen nahe.
The central bird motiv was filled with counted stitches that can usually be found in medieval whitework embroidery ("Opus Teutonicum").
Cave: I know of no extant medieval alms purse of the 14th century that features a central motiv. Therefore, this purse is no replica of a medieval original but approximates the extant purses in design and embroidery. 
Die Seiten sind mit einem Flechtstich aus Gold- und Silberfaden versäubert. Hier habe ich mich - gerne wieder einmal - an das ausgezeichnete Tutorial von Medieval Silkwork gehalten. 
All the edges were neatened with a braiding stitch of silk and gold threads. Once again I fell back on the excellent tutorial of Medieval Silkwork
So sieht die fertige Kantenversäuberung aus - die übrigens auch bei erhaltenen Beuteln gefunden werden kann.
That's how the braided edge looks like - very similar to some extant purse decorations.
Die Beutelaufhängung und die Zugbänder wurden in einem Stück in Fingerschlaufen-Webtechnik gearbeitet. Dafür habe ich von der Mitte ausgehend (man kann die authentisch "verwurstelte" Stelle rechts oben sehen) zuerst mit 9 Schlaufen das Muster 803.03 eines in Schloss Lengberg gefundenen Bandes geflochten, bis ich 40 Zentimeter hatte. Dann änderte ich die Flechttechnik zu "An open lace of 5 bows", das gleichzeitig zwei getrennte Bänder produziert und flocht damit weitere 25 Zentimeter.
Quelle: "Book of Secrets - 15th Century Fingerloop Braiding" von Beatrix Nutz und "Fingerloop braiding patterns from 15th century texts" von Joanna Hobbins
The hanging and drawstring braids were done in one piece using fingerloop braiding. I started in the middle (you can see the fully authentic middle join top right) and did the 9-loop pattern 803.03 of an extant braid found at Lengberg Castle. After 40 centimeters I switched to "An open lace of 5 bows", which produces two separate braids at once, and braided 25 centimeters with this. 
Reference: "Book of Secrets - 15th Century Fingerloop Braiding" by Beatrix Nutz and "Fingerloop braiding patterns from 15th century texts" by Joanna Hobbins
Hier ist schön zu sehen, wie sich das Band aufspaltet. Das Schema hierzu und auch der Nachweis zum Flechtstart in der Mitte des Bandes kann hier gefunden werden: European Loop Braiding Part IV von Noémi Speiser und Joy Boutrop, Seite 28. 
Here you can see how the braid divides. The schematic drawing and the reference for starting the braid in the middle can be found in: European Loop Braiding Part IV von Noémi Speiser und Joy Boutrop, page 28.
Eine kleine Holzperle sorgt für das nötige Volumen im Tasselkopf. Hier habe ich allerdings keinen Nachweis für die historische Anwendung. 
A small wooden bead fills up the tassel's head. Please note that I have no historic reference for this.
Schließlich wird der Tasselkopf noch mit einem Türkenknoten aus Echtgold-Lahn verziert.
Finally the tassel is decorated with a Turk's head knot made of real goldthread.
Nervenschonender Trick: Ich wickle meine Türkenknoten immer um einen Stift und ziehe sie anschließend vorsichtig auf die benötigte Größe zusammen.
Life-hack: I usually wrap my Turk's head knots arount a pen and tighten them carefully afterwards to reach the needed size. 
Auch die Tasseln am unteren Beutelrand erhielten eine funkelnde Verzierung.
Also the tassels on the purses´ bottom edge got some sparkly decoration.
Zum Schluss noch ein kleines, aber wichtiges, Detail: Es gibt keine versäuberten Löcher für die Zugbänder. Hier habe ich - ganz wie in den mittelalterlichen Vorbildern - mit einer Ahle den Stoff so geweitet, dass ich die Zugbänder durchfädeln konnte. Wenn das vorsichtig gemacht wird, gibt es auch keine gebrochenen Fäden im Stoff und es geht eindeutig schneller als das Versäubern von Knopflöchern. Zeit ist schließlich Geld, das wussten auch die mittelalterlichen Sticker!
Lastly a small but important detail: There are no sewn eyeholes to thread the drawstrings through. Just like in some medieval examples I used an awl to widen the fabric until I could thread the drawstrings through. This method is way faster and and fits the medieval embroiderers` perspective that "Time is money"!