Mischwesen und Minnesang - Ziegelstich / creatures and courtly love - brick stitch
Geschrieben in Sticken am 27.10.2016 von Eva-Maria
Der Zauber der Almosenbeutel lässt mich nicht mehr los. Nach der Rekonstruktion eines Reliquienbeutels habe ich mein nächstes Stickprojekt begonnen. Dieses Mal wird ein Almosenbeutel nachgearbeitet, der im Met Museum (Accession Number: 27.48.3) ausgestellt ist. Reizvoll daran finde ich die beiden unterschiedlichen Motive: auf der einen Seite sind fantastische Mischwesen abgebildet, die zweite Seite zeigt eine höfische Minneszene unter einem Baum. Neben der relativ "schlampigen" Stickerei mit großen Ziegelstichen kommt auch Goldfaden großflächig auf dem 20 x 17 cm großen Beutel zum Einsatz. Das finde ich spannend und irgendwie bezeichnend für das Denken der mittelalterlichen Auftraggeber: "Seht her, was ich mir leisten kann!"
Benötigtes Material: regelmäßig gewebtes Leinen, pflanzengefärbte Filamentseide, Echtgold-Lahn;
Verwendete Sticharten: Ziegelstich, Stielstich oder Spaltstich für die Umrandungen, oberflächliche oder versenkte Anlegetechnik;
Ziegelstich: Diese Variante des Gobelin-Stichs war in Deutschland, Österreich und der Schweiz beliebt und wurde gerne für geometrische Muster, aber auch für figürliche Darstellungen verwendet. Bei geometrischen Mustern und sich wiederholenden Motiven (zB Wappen) wurde der gesamte Stickgrund mit Stichen bedeckt, bei figürlichen Mustern (zB Heiligendarstellungen auf Altartüchern) konnte der Hintergrund auch frei bleiben.
Der Ziegelstich wird mit Seide auf einem Leinen-Zählstoff ausgeführt und kreuzt üblicherweise 2, 4, oder 6 Fäden. Jeder Stich ist gegenüber dem vorhergehenden um zwei Fäden versetzt, sodass eine ziegelartige Optik entsteht.
In Ziegelstich/versetztem geraden Gobelinstich wurden gerne Almosenbeutel, Kissen, Kirchenornate, Altartücher und Wandbehänge gearbeitet.
Ein Beispiel: Almosenbeutel, 14.-15. Jahrhundert, Deutschland
The glamour of alms pouches is still strong on me. After reconstructing a reliquary pouch, I recently started my next embroidery project. This time I aim to recreate an alms pouch/aumonière exhibited in the Met Museum (Accession Number: 27.48.3). I find the two different motives very appealing. One side is filled with four fantastic creatures, the other shows a lover's scene under a tree. Apart from the use of brick stitch, generous amounts of real gold thread are applied as well on the 20 x 17 cm purse. I reckon that's characteristic for the thinking of the medieval owner: "Look, what I can afford!"
Materials needed: evenweave linen fabric, plant-dyed filament silk, real gold thread;
Stitches: Brick stitch, stem stitch/split stitch for outlines, laid and couched work;
Brick Stitch: In this style of embroidery the stitches are worked such that the ground fabric is covered completely. Typically each stitch will cross either 2, 4, or 6 threads depending on how long it needs to be. The majority of stitches tend to be of length 4. Each stitch is offset up or down from the one before it by either one thread (referred to as satin stitch) or two threads (referred to as brick stitch) depending on the type of design being embroidered. This technique was particularly common in Germany.
An example: Alms Pouch, 14.-15th century, Germany